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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783312003624
Sprache: Deutsch
Umfang: 91 S.
Format (T/L/B): 1.3 x 19 x 11.9 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein geheimnisvoll vibrierender Stein reist durch ganz Deutschland. Er wird vererbt, verschenkt und verkauft, und die Lebensgeschichten seiner wechselnden Besitzer quer durch das 20. Jahrhundert verknüpfen sich in der irritierenden Faszination, die von diesem Stein ausgeht.

Autorenportrait

Peter Adolphsen, geboren 1972 in Århus, besuchte die Autorenschule in Kopenhagen und studierte unter anderem in Cordoba arabische Philologie. Er gilt als einer der interessantesten Nachwuchsautoren Dänemarks. Auf Deutsch sind bislang einige seiner Kleinen Geschichten (1996: Små historier und 2000: Små historier 2) in der Neuen Rundschau und in der Kulturzeitschrift du abgedruckt (beide 2004). Seine Arbeit förderte die Akademie der Künste Berlin 2006 mit einem Stipendium.

Leseprobe

Josef ließ sich mit einem dumpfen Geräusch auf den schlammigen Boden fallen, das er nur spürte, nicht hörte. Während seine mit den Gehörorganen verbundenen Neuronen in ihren Ausgangszustand zurückfanden, versuchte er, sich die Töne einzuprägen, die sich in seinem Kopf im Kreise drehten. Er versuchte mitzusingen, obwohl er nicht hören konnte, dass er es tat. Als die Heultöne allmählich verebbten und sein Gehör zurückkehrte, beschloss er, niemand von dem wummernden Felsen zu erzählen. Vorläufig. Mit dem Geologenhammer schlug er ein Stück von dem Felsen ab. Ein Echo rikoschettierte ins Dunkel hinaus. Vorsichtig hielt er das Felsstück ans Ohr; es brummte nicht, zitterte aber ganz leicht, wie er im gleichen Moment bemerkte. Er steckte das rätselhafte Ding in die Tasche. »Das wurde aber Zeit«, war Betscharts einziger Kommentar, als Josef kurz darauf zurückkehrte. »Ich habe gesehen, was ich wollte«, sagte Josef, und ohne noch groß miteinander zu sprechen, legten sie den langen Weg aus dem Hölloch hinaus zurück, rechneten die vereinbarten acht Schweizerfranken ab und gingen jeder seines Weges. Zurück im Hôtel des Grottes, legte Josef das walnussgroße grauschwarze Felsstück auf den Nachttisch und schlief ein. Etwas später kam Andrea von einem Spaziergang im Bödmerenwald zurück, sank auf den Bettrand nieder, bemerkte den Stein auf dem Nachttisch, nahm ihn in die Hand und spürte ein seltsames Kitzeln in den Fingerspitzen. Nach seiner Heimkehr nach Augsburg schrieb Josef sein Erlebnis auf der Tauchstrecke in summarischer Form auf ein Stück Papier nieder, das er mit dem grauschwarzen Stein zusammen in eine kleine Holzschachtel legte. Seine Absicht war, sie der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie zu übergeben, aber eine Liquiditätskrise in der Versicherungsgesellschaft und eine gefühlsmäßige solche in seiner Ehe nahmen all seine Zeit und sein Denken in Anspruch, und der Stein und das Erlebnis, das sich daran knüpfte, sanken allmählich ins Halbdunkel seines Hinterkopfes zurück. Zwölf Jahre nach der Reise zum Hölloch wurden sowohl Andrea als auch Josef, wie in diesem Jahr so viele andere, von der Spanischen Grippe befallen und waren beide dem Sterben äußerst nah, kamen aber mit dem Leben davon. Während eines Spaziergangs auf der Provinostraße im selben Herbst hatten sie jedoch das Pech, dass ein Möbelträger, der gerade eine Chaiselongue in den 3. Stock hinaufhievte, genau in dem Moment einen Infarkt bekam, als sie unter dem Möbelstück entlanggingen. Andrea war auf der Stelle tot, und Josef starb zwei Tage später an seinen inneren Verletzungen. Der Möbelträger überlebte. Leseprobe

Schlagzeile

"In diesem Buch erwächst aus ein paar Seiten ein ganzes Jahrhundert. Selten wurde auf so wenig Platz derart Großes gebaut." Politiken