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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783312009497
Sprache: Deutsch
Umfang: 144 S., Illustriert
Format (T/L/B): 1.5 x 21.8 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Die Oper spielt auf einem Hühnerhof. Dort gibt es ein Hühnchen mit einem großen Freiheitsdrang und allen möglichen Flausen im Kopf: schwimmen möchte es lernen (wie die Enten), fliegen (wie der Adler) und, wenn es groß ist, goldene Eier legen. Lächerlich, finden die Alten. Aber das Hühnchen lässt nicht locker, gräbt sich ein Loch unterm Zaun hindurch ins Freie, und irgendwann sind die Alten soweit: sie wollen auch die Freiheit ausprobieren. Von da an wird es auf dem Hühnerhof nie wieder sein wie früher. Kein Huhn wird sich mehr einsperren lassen. Das haben sie alles dem Hühnchen zu verdanken.

Autorenportrait

Hanna Johansen, 1939 in Bremen geboren, studierte Germanistik, Altphilologie und Pädagogik und lebt bei Zürich. Von 1967 bis 1969 Aufenthalt in den USA. Sie schreibt für Erwachsene und für Kinder, wurde u.a. ausgezeichnet mit dem Schweizerischen Jugendbuchpreis 1990, dem Kinderbuchpreis des Landes Nordrhein-Westfalen 1991 sowie dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 1993. Zweimal wurde sie für den Hans Christian Andersen-Preis nominiert. Für ihr Gesamtwerk erhielt sie 2003 den Solothurner Literaturpreis und 2008 den Kunstpreis der Stadt Zürich. Ihre Bücher wurden bisher in über 20 Sprachen übersetzt. Bei Hanser erschienen zuletzt ihre Kinderbücher Ich bin hier bloß die Katze (2007), Wenn ich ein Vöglein wär … (2010) und Es weihnachtet sehr... und ich bin immer noch die Katze (2011). Im Frühjahr 2015 folgte eine Neuausgabe von Der Füsch.

Leseprobe

Es regnete. Nein, es goss. Ich stand vor dem Theater und wartete auf Alice. Immer mehr Besucher kamen, klappten ihre Schirme zusammen und gingen hinein, bloß eine sehr nasse Dame mit einem noch nasseren Kind hatte keinen Schirm zum Zusammenklappen. In zehn Minuten fängt es an, dachte ich, und Alice ist immer noch nicht da. Genauer: in neun Minuten. Alice ist meine Freundin, wir machen alles Mögliche zusammen, und vor allem das, was wir noch nie gemacht haben. Ich wollte zwar nicht zum ersten Mal in eine Oper gehen, aber zum ersten Mal in eine Hühneroper, und darum brauchte ich Alice. Ich hatte keine Ahnung, was eine Hühneroper ist, ich wusste nur, dass es um ein Ei ging und um dreitausenddreihundertdreiunddreißig Hühner und dass eins davon Gertrude hieß - so hatte es in der Zeitung gestanden. Und ich wusste, dass ich das sehen musste. Noch acht Minuten. Der Regen machte mir nichts aus, weil ich einen Schirm hatte, aber was sollte ich tun, wenn Alice nicht kam? Oder wenn sie zu spät kam? Vorsichtshalber und weil die Zeit dann schneller vergeht, sah ich noch mal nach, ob ich die Eintrittskarten hatte. Ich hatte sie nicht. Also musste Alice sie haben. Auch das noch. Sieben Minuten. »Hallo!« Alice sah aus, als hätte sie sich verkleidet. Aber sie war bloß nass geworden. »Endlich!« Sie schnappte nach Luft. »Der Bus!«, keuchte sie. »Der Bus ist mir vor der Nase weggefahren und.« »Komm schnell«, sagte ich und klappte meinen Schirm zu. »Noch sechs Minuten. Hast du die Karten?« »Ich? Nein. Die hast du.« »Nein. Ich hab sie nicht. Sieh doch mal nach, die müssen bei dir sein.« Während wir ins Theater rannten, wühlte Alice in ihrer Handtasche. Sie fand alles Mögliche, aber keine Eintrittskarten. »Die müssen bei dir sein!«, sagte sie. »Pass doch auf, dein Schirm macht mich ganz nass!« Als ob sie noch nasser werden konnte. Wir waren inzwischen bei der Garderobe angekommen, zogen im Gedränge unsere Mäntel aus, so schnell wir konnten, noch vier Minuten, und bekamen zwei Garderobenmarken, aber damit hatten wir unsere Karten noch nicht gefunden. Es klingelte einmal. »Wo können sie denn sein?« »Irgendwo in der neunten Reihe«, sagte ich, während die andern Zuschauer geruhsam und mit erwartungsvollen Gesichtern in den Saal gingen. »Quatsch«, sagte Alice. »Wir sitzen in der neunten Reihe, aber die Karten sind bei dir.« »Sind sie nicht.« »Guck noch mal nach!« Aber wo? In der großen Tasche? Nein. »Was schleppst du eigentlich alles mit dir herum? In einer Hühneroper braucht man doch keine Bücher!« »Ich hatte keine Zeit mehr, nach Hause zu gehen«, sagte ich. Ich bat die Garderobenfrau, mir meinen Mantel noch mal zu geben, aber in der Manteltasche waren sie auch nicht. Noch drei Minuten. In der Jackentasche? Es klingelte zweimal. »Lass mich mal gucken«, sagte Alice. Auf der rechten Seite nicht. Und auf der linken Seite auch nicht. Noch zwei Minuten. Jetzt war kaum noch jemand bei der Garderobe, alle saßen auf ihren Plätzen, und wir hatten keine Karten. »Sie müssen bei dir sein«, sagte ich. Nun klingelte es dreimal. Ich griff in meine Brusttasche: »Da sind sie ja.« Es war wie immer der erste Ort, wo ich sie gesucht und, weiß der Himmel warum, nicht gefunden hatte. Aber da waren sie. Die Dame an der Tür riss ein Stück davon ab, wir gingen in den Saal, und die Türen wurden geschlossen. Die Leute in der neunten Reihe standen auf, damit wir uns auf die letzten freien Plätze in der Mitte setzen konnten, es wurde dunkel, ich konnte gerade noch sehen, wie der Leseprobe